Zu Fuß auf dem Pilgerweg von Berlin nach Santiago de Compostella
Via Lemovicensis:
Châtelus-le-Marcheix – Saint-Laurent-les-Églises (13,8km)
Früh bin ich heute wach geworden – aber mein Körper sagte deutlich: „Lieg doch noch ein bisschen.“ Es war neblig, kalt und feucht, der Campingplatz auf über 440 m nur einen Steinwurf vom Dorf entfernt. Alles in Watte gepackt, die Welt noch still.
Als Boni und Serges aufstanden, haben wir erst mal Kaffee auf meinem Petroleumherd gemacht, ein kleines Ritual des Abschieds. Die beiden brachen bald auf, mit ambitionierten 29 km vor sich. Ich wusste, dass sich unsere Wege hier trennen. Vielleicht für immer, vielleicht nur für eine Weile – der Jakobsweg kennt seine eigenen Wiedersehen..
Ich ließ mir Zeit. Meine Sachen mussten trocknen, meine Gedanken auch. Erst nach einem weiteren doppelten Espresso im Dorf kroch ich langsam wieder auf den Weg.
Und dann – wie bestellt – verzog sich der Nebel, die Sonne lächelte mir entgegen, als wollte sie sagen: „Na endlich, Pilgerfreund!“ Die Landschaft im Limousin – einfach zauberhaft: Äpfel, Birnen, Pflaumen, Walnüsse, Mais – die Fülle des Lebens am Wegesrand. Ich konnte es kaum glauben, wie schön es ist. Worte reichen da nicht. Vielleicht braucht es einfach Stille.
Gegen Mittag landete ich in einem kleinen Dorfrestaurant. Ein 3-Gänge-Menü für 15 € – Vorspeise, Hauptgericht, Dessert – Balsam für Magen und Seele.
In Les Billanges besichtigte ich eine romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert – mehr Festung als Gotteshaus. Schutz vor Stürmen, Feinden, vielleicht auch vor inneren Zweifeln. Man spürt: Diese Mauern haben Geschichten gespeichert.
Doch heute war kein Tag für lange Strecken. Mein innerer Pilger sehnte sich nicht nach Kilometern, sondern nach Pflege, Pause, Loslassen. Also steuerte ich einen Campingplatz in der Nähe von Saint-Laurent-les-Églises an.
Hier konnte ich endlich mal:
- Zelt & Ausrüstung trocknen
- Wäsche waschen – sogar maschinell!
- Mich selbst pflegen – mit Seife, Wasser & Hingabe
- Und die Seele… am See baumeln lassen.
Manchmal ist das Größte nicht die nächste Etappe, sondern der Moment, in dem man sich selbst wieder begegnet.
Grüne Reise nach Santiago:
Tag 93
Châtelus-le-Marcheix – Saint-Laurent-les-Églises (13,8km)




0 Kommentare