Zu Fuß auf dem Pilgerweg von Berlin nach Santiago de Compostella
Jakobsweg Trier – Vézelay:
Mannebach – Sinz (16,8km)
Der Morgen begann verheißungsvoll – ein grauer Himmel, der nicht gleich mit Regen drohte, sondern nur leise versprach, dass er noch nicht fertig sei mit mir. Von Mannebach aus führte mich der Weg durch die stille Landschaft über Fisch – ein kleiner Ort mit einem großen Herzen für Pilger. Neben der etwas außerhalb liegenden Jakobuskirche hatte man eine kleine Wetterhütte mit Infotafel gebaut, liebevoll platziert wie ein Gruß an all jene, die hier rasteten.
Ich gönnte mir einen kleinen Imbiss, genug um Kraft für das Ziel des Tages zu sammeln: Perl-Borg. Dort wollte ich in der Kirche St. Johannes der Täufer übernachten, im eigens für Pilger eingerichteten Zimmer. Der Plan stand, der Weg war klar – dachte ich.
Doch dann kam der Regen.
Nicht der zarte Niesel, der das Gesicht streichelt, sondern ein herber Guss, der die Landschaft in ein fließendes Grau verwandelte. Der Boden wurde weich, jeder Schritt schwer, und plötzlich wirkte der Weg nicht mehr freundlich, sondern fordernd. Ich suchte Schutz, und fand – nichts. Nur eine einzige Wetterhütte kurz vor Sinz. Doch auch die war bereits belegt: Eine Frau hatte ihr kleines Zelt darin aufgeschlagen, ihr Hund wachte über sie wie ein stiller Wächter. Kein Platz für mich. Kein Raum im Unterschlupf.
Ich ging weiter. Nässe kriecht nicht nur in die Kleidung, sondern auch in die Gedanken. Und doch – der Weg gibt, wenn man ihn geht.
In Sinz stand der Landgasthof Birkenhof. Es war Ruhetag. Alles wirkte still, verschlossen. Aber Hoffnung klopft – also tat ich es auch. Und siehe da: Die Tür öffnete sich. Freundliche Gesichter, ein warmes Willkommen. Ich bekam ein Zimmer – und mehr noch: Die Küche, offiziell geschlossen, wurde nur für mich noch einmal angeheizt. Eine warme Mahlzeit, duftend, stärkend, ein Geschenk.
Es sind diese Momente, die einen Pilgertag unvergesslich machen: Wenn Pläne nicht aufgehen, aber der Weg dennoch trägt. Wenn Menschen mit offenen Türen und offenen Herzen begegnen. Und wenn man abends, erschöpft, aber dankbar, in ein fremdes Bett fällt und weiß: Ich bin heute genau da angekommen, wo ich sein sollte.
Grüne Reise nach Santiago:
Tag 50
Mannebach – Sinz (16,8km)



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