Zu Fuß auf dem Pilgerweg von Berlin nach Santiago de Compostella
Via Lemovicensis:
Limoges – Flavignac (28km)
Ein Tag zwischen Stadt und Stille
Nach einem verdienten Ruhetag in Limoges ging’s heute wieder los. Frisch aufgeladen, aber innerlich etwas wehmütig: Ich hatte gehofft, dass vielleicht noch ein paar Mitpilger in der Stadt auftauchen würden. Aber nichts. Lediglich Rüwen aus Belgien kreuzte meinen Weg – auf dem Weg zum Bahnhof. Für ihn endet hier ein Abschnitt, nächstes Jahr will er wiederkommen. Buen Camino, Rüwen – auf bald!
Der Weg durch Limoges war, sagen wir mal: städtisch zäh. Viel Asphalt, Ampeln und Autolärm. Danach ging’s weiter durch Isle – auch nicht gerade das, was das Pilgerherz höherschlagen lässt. Sonne, Straßen, Verkehr. Ganze 13 km dauerte dieser urbane Abschied – erst durch die Stadt, dann entlang der Fernstraße bis Aixe-sur-Vienne.
Irgendetwas ist anders seit Limoges. Die Häuser wirken… südlicher. Putz statt Naturstein, Palmen im Garten, vereinzelt Pools, die aus dem Gebüsch blitzen wie kleine Oasen der Zivilisation. Südfrankreich schickt seine Grüße. Nur die Zikaden fehlen noch.
Wenn ich den Tag Revue passieren lasse, fällt mir auf: Ich war heute fast ausschließlich auf Asphalt unterwegs. Zuerst der Stadtverkehr, dann der Speckgürtel mit Reihenhäusern, makellosen Rasenflächen und akkurat gezogenen Grundstücksgrenzen. Es gab viele Wiesen – aber keine Kühe. Nur alte Mühlen und Höfe, zu schicken Wohnhäusern umgebaut. Mit Pool, versteht sich.
Erst nach gut 20 km wurde es wieder ländlicher. Der Asphalt wich dem Duft von Erde, und endlich zeigten sich ein paar echte Bauernhöfe mit Viehhaltung – der Puls des Landes, der wieder fühlbar wurde.
In Flavignac angekommen, wartete die städtische Herberge direkt bei der Kirche. Ich war allein. Den Schlüssel gab’s in der Mairie. Diese französischen Kleinigkeiten mag ich: ein bisschen Bürokratie, ein bisschen Vertrauen.
Endlich konnte ich das Nudelgericht kochen, das ich nun schon seit Wochen mit mir herumtrage – wie ein kulinarischer Talisman. Die einzige Bar im Ort hatte leider schon geschlossen.
Aber: Am kleinen See hinter dem Dorf traf ich auf ein dänisches Paar mit Wohnmobil. Ein kurzer, herzlicher Austausch, ein geteiltes Bier aus der Reiseapotheke – und plötzlich war da wieder Gemeinschaft. Nicht lange, nicht tief – aber genau richtig für diesen Abend.
Ein Tag, der mit Stadt begann, mit Land endete – und mit einem kleinen Moment Menschlichkeit in der Abendsonne.
Grüne Reise nach Santiago:
Tag 96
Limoges – Flavignac (28km)







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