Zu Fuß auf dem Pilgerweg von Berlin nach Santiago de Compostella
Via Lemovicensis:
Saint Palais – Saint-Jean-Pied-de-Port (32,8km)
Manchmal trägt ein Tag den Geschmack von Ankunft – und zugleich von Aufbruch.
Früh machte ich mich auf den Weg, voller Erwartung, endlich das nächste große Zwischenziel zu erreichen: Saint-Jean-Pied-de-Port. Das Frühstück aus Kaffee, Baguette und Konfitüre war bescheiden und bot kaum Kraft für die zwei bevorstehenden Anstiege. Zum Glück hatte ich mich gestern im Dorfladen noch eingedeckt.
Kaum aus dem Ort, begann der erste steile Aufstieg. Oben angekommen, gönnte ich mir eine Pause am Denkmal „Constellation de la douleur“ (Sternbild des Leidens) von Christian Lapie. Vor mir lag schon der nächste Berg, den ich noch überwinden musste. Erinnerungen wurden wach: Vor drei Jahren, auf der Via Podiensis, hatte ich genau dort gekämpft – damals in brennender Nachmittagssonne. Heute, bei bewölktem Himmel und leichtem Nieselregen, erwies sich der Aufstieg als gnädiger.
Zuvor im Tal, an der Gibraltar-Stele, erlebte ich einen besonderen Moment: Dort vereinen sich die großen Wege nach Santiago – die Via Lemovicensis, die Via Turonensis und die Via Podiensis – und führen ab jetzt gemeinsam weiter. Ein starkes Symbol.
Nachdem ich die beiden Berge hinter mir hatte, und das schon mittags, legte ich in Ostabat eine Pause ein. Doch kaum hatte ich mich im Café niedergelassen, kündigte sich ein Gewitter an, also wanderte ich weiter. Der Rest des Weges war fast eben, ein leichteres Auslaufen bis nach Saint-Jean-Pied-de-Port.
Hier änderte sich das Bild schlagartig: Statt einsamer Pfade nun überfüllte Straßen, Hunderte, vielleicht Tausende von Pilgern und Touristen. Fast alle starten hier auf dem Camino Francés. Ich quartierte mich in der Gîte Municipal Ospitalia ein und ließ mich vom Strom der Menschen treiben. Von meinen bisherigen Weggefährten traf ich niemanden wieder: Jean war schon Richtung Irun, Marion auf dem Weg nach Paris, Jürgen und René bereits in Pamplona.
Für mich war dies ein doppelter Moment: Ankunft und Abschied zugleich. Ich beginne, meine Rückfahrt nach Berlin vorzubereiten. Am 10. Oktober werde ich hierher zurückkehren – um den Weg fortzusetzen.
Hatte mal wieder nichts besseres zu tun als…
Abschiedsgedicht vom Frankenreich
Habe nun das Frankenreich durchquert,
mich von Liebe und Baguette genährt.
Als Pilger ist man hier beliebt,
solange man nicht stehen blieb.
Die Muschel und die Credential
gelten als Ausweis überall.
Nun zieht es mich zurück an die Spree –
ach, das Herz tut beim Abschied weh.
In dieser Hitze, ganz ungeschützt,
hab ich mit meinem Handy nur geschwitzt.
Doch ich komm zurück, das ist der Plan,
wenn erst die Schule wieder begann.
Viva España!!! 🇪🇸✨
✨ Pilgerweisheit des Tages
„Ankunft ist nie das Ende – sie ist nur der nächste Anfang.“
Grüne Reise nach Santiago:
Tag 114
Saint Palais – Saint-Jean-Pied-de-Port (32,8km)
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